Der neue Quartierbaustein am Thomasweg fügt sich gekonnt und selbstverständlich in die bestehende Umgebung ein.

05. Mai 2024

Das Architekturbüro Aebi & Vincent Architekten hat die Siedlung «flo & fleur» im Liebefeld geplant und begleitet die laufende Realisierung in Etappen. Was das Projekt so besonders macht und welche Philosophie die Projekte von Aebi & Vincent Architekten prägt, erfahren wir von der projektverantwortlichen Architektin, Vanessa Binggeli.

Sie haben 2016 den Wettbewerb für die Realisierung des Projekts Thomasweg gewonnen und schliesslich die Siedlung geplant. Vor welchen Herausforderungen standen Sie zu Beginn des Projekts?
Wir hatten eine klare Aufgabenstellung der Bauherrschaft und die volle Unterstützung der Gemeinde Köniz, deshalb waren die Voraussetzungen von Anfang an ideal. Nicht ganz einfach war es, mit dem Abbruch der bestehenden Gebäude genügend Platz für sechs neue Bauten zu schaffen. Damit soll genügend Raum entstehen, für alle die im Quartier weiterhin leben möchten und künftig leben werden.
Die offene und enge Kommunikation aller Beteiligten war stets hilfreich und zielführend. Sie war eine wichtige Grundlage für die herausfordernde Entwicklung einer sozialverträglichen, selbstverständlich wirkenden und städtebaulich verdichteten Siedlung.

Köniz wird immer mehr zur Stadt. Wie ist es möglich, zu verdichten und trotzdem Quartiercharakter zu bewahren?

Jeder Ort hat eine Vergangenheit und eine Zukunft. Wenn wir die Geschichte des Orts und die dort lebenden Menschen verstehen und rücksichtsvoll auf sie eingehen, gelingt es Architektur zu schaffen, die sich selbstverständlich und bereichernd in die bestehende Struktur integriert. Das ist uns, aus unserer Sicht, am Thomasweg gelungen. Die Überbauung ist stetig gewachsen und hat sich aus der Analyse des Ortes und dem Mitwirken vieler Beteiligten mit unterschiedlichen Anliegen und Bedürfnissen langsam entwickelt. Heute realisieren wir einen belebten, zeitgemässen Quartierbaustein, der sich gekonnt in seine Umgebung einfügt.

Was zeichnet die Siedlung aus, was ist besonders an ihr? Gab es städtebauliche Herausforderungen?

Das Backsteingewand prägt das Siedlungsbild und vermittelt Stadtgefühl. Die Gebäude wirken stabil, überdauernd und dennoch einladend, als wären sie schon immer da gewesen.
Die verschiedenen Höfe sind durchdacht, sie beleben das Quartier, schaffen Raum für Begegnung und unterschiedlichste Nutzungen. Sind alle sechs Gebäude erst einmal fertiggestellt, werden sie nicht mehr wegzudenken sein.

Welches waren die Ziele bei der Planung, die es zu berücksichtigen galt? Wie konnten diese erreicht werden?

Uns ist es ein grosses Anliegen mit unserem Tun einen Beitrag an die Baukultur zu leisten. Detaillösungen und Materialwahl sind durchdacht und schonen die Ressourcen. Die Verwendung von langlebigen Materialien, gerade im Bereich der Aussenhülle, steigert die Lebensdauer der Gebäude. Die Backsteinfassade wird auch mit ihrem verwitterten Charme die Siedlung angemessen charakterisieren.

Die Wohnungen sprechen verschiedene Zielgruppen an und sollen so die Durchmischung im Quartier fördern. Wie schlägt sich das in der Architektur nieder?

Wir haben unterschiedliche Wohnungstypen geschaffen, nicht nur im Bezug zur Grösse, sondern auch in der Ausgestaltung. Es sind nur Details, die die Wohnungen voneinander unterscheiden. Die Wahl der Bodenbeläge oder Leuchten, die Geräte oder auch die Wohnungsgrössen. Wichtig war uns die soziologische Durchmischung, das Leben Tür an Tür. Die Vielfältigkeit der Bewohnenden wird auf allen Geschossen erlebbar, lichtdurchflutete, öffentliche Räume laden zum Begegnen ein.
Die Materialwahl ist schlicht und wiedererkennbar – robust und unkompliziert, bereit zum Benutzen, Brauchen und Leben.

Im Moment ist der Bau der zweiten Etappe in vollem Gang. Welche Rolle spielen Sie dabei? Und wie fühlt es sich an, wenn Pläne Realität werden?

Die zweite Etappe ist im Grunde fast fertig, der Bezug startet in wenigen Monaten. Mein Team und ich lösen noch die letzten Details vor Ort und schliessen zeitgleich bereits die Ausführungsplanung der 3. Etappe ab.
Es macht Freude und auch stolz, zu sehen, wie die Gebäude langsam zum Leben erwachen, wie sich die neuen Bewohnenden in ihren Räumen einrichten und sie zu ihrem Zuhause machen.

Aus Sicht der Architekt:innen: Wodurch differenziert sich das Projekt von anderen?

Wir sind dankbar für das grosse Vertrauen, das uns die Bauherrschaft über all die Jahre entgegenbringt. Die Diskussionen sind angeregt, intensiv, manchmal lustig, mittlerweile freundschaftlich und immer respektvoll. Verbindend ist die Leidenschaft, die wir alle für dieses schöne, wertige Projekt und die erfolgreiche Umsetzung aufbringen. Unter anderem dieses «am gleichen Strang ziehen» schafft eine Dynamik, die ich in dieser Form in Bern noch bei keinem Projekt sonst erleben durfte.
Das Projekt besticht durch kleine Finessen im Städtebau, die beeindruckende Grösse der Überbauung, das Farbenspiel der Fassaden, die durchdachten Details, die nicht immer simpel sind, aber dennoch selbstverständlich wirken.
Für mich persönlich hat sich die Arbeit an diesem Projekt selten nach wirklicher Arbeit angefühlt, vielmehr danach, das Richtige zu tun.

Bernhard Aebi

Bernhard Aebi

Pascal Vincent

Pascal Vincent

Bernhard Aebi und Pascal Vincent führen seit 1996 gemeinsam das Büro Aebi & Vincent Architekten in Bern und Genf.Ihr Verständnis für den Beruf entspricht jenem des klassischen Architekten, der bis ins kleinste Detail plant und realisiert. Die vielseitigen Arbeiten reichen von der städtebaulichen Planung, über Architektur und Innenarchitektur bis hin zum Produktedesign projektbezogener Objekte. Die Projekte werden fast ausschliesslich über Wettbewerbe akquiriert. Bernhard Aebi und Pascal Vincent sehen darin die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit unterschiedlichsten Themen und der Aktualität im Sinne einer kontinuierlichen Weiterbildung.

www.aebi-vincent.ch